Freitag, 31. Juli 2015

Noch einmal ein Umzug

Ja, ich ziehe nun doch noch einmal um. Hier auf diesem Blog wird es keine weiteren Einträge mehr von mir geben.

Für diesen Umzug gibt es vor allem die folgenden Gründe (ich nenne nur die Wichtigsten):

  • Es gibt faktisch keinen Support hier. Für mich geht das gar nicht.
  • Einige Funktionen sind offenkundig defekt. (so kann ich in den Lesezeichen nichts ändern)
  • Ich konnte und kann meine früheren Blogeinträge hier nicht importieren.

Auch auf meinem nun neuen Portal ist es nicht leicht für mich, aber mittlerweile sehe ich es so, dass die Nachteile hier die Schwierigkeiten dort übertreffen.

Meine neue und nun endgültige Adresse in der Blogwelt ist diese:

https://gedankenorbit.wordpress.com/

Aus dem "schweitzer" hier und zuvor bei blog.de wird dort der "Sternflüsterer", aus dem "Sternflüsternblog" der "Gedankenorbit".

Alle Einträge von hier und nach auch alle, die ich bei blog.de gepostet habe (ich bin noch beim Übertragen), werdet Ihr dort wiederfinden. Es geht dort also "nahtlos" weiter.

Ich bitte alle, die hier gelesen und kommentiert haben und vor allem die, die mir gerade erst hierher gefolgt sind, sehr um Verständnis und darum, dass Ihr, alle mir nun noch einmal folgt und als Blogfreunde (und in manchem Fall wie bislang auch darüber hinaus) erhalten bleibt. Bitte!

Ich meinerseits werde Euch allen treu bleiben, egal auf welchem Portal ihr seid. - Fest versprochen!

Donnerstag, 30. Juli 2015

Sammelsurium -68- (ein "Stöckchen" - 1. Teil)

Lang, lang ist es her, dass ich in meiner Bloggerhistorie "Stöckchen" aufgenommen oder geworfen habe. Meist waren und sind mir die Fragen darin zu belanglos, zu nichtssagend, zu oberflächlich. Andererseits beantworte ich sehr gern Fragen zur eigenen Person, vor allem solche, die ich mir nicht selbst schon (immer wieder) stelle. Das ist eine interessante und bereichernde Art der Selbstreflexion, wie ich finde. -

Nun habe ich seit einiger Zeit bewusster nach solchen, von anderen Menschen erdachten und gestellten, Fragen Ausschau gehalten und bin fündig geworden. Ich werde mir deshalb nachfolgend im Laufe der Zeit solche Fragen immer wieder einmal selbst vorlegen und beantworten. Vielleicht ist ja, auch und gerade, weil es etwas kompliziertere Fragen sind, dennoch jemand bereit, diese im Sinne eines "Stöckchens" aufzunehmen und seinerseits zu beantworten und eventuell sogar an andere Interessierte weiter zu geben.

Hier und heute beantworte ich die ersten 11 Fragen eines Komplexes, zu dem noch weitere 11 gehören. Die nehme ich mir aber ein anders mal vor. Für heute wende ich mich erst einmal den folgenden zu:

1.       Wie alt wärst Du / bist Du, wenn Du Dein tatsächliches Alter nicht kennen würdest?

Ich wäre/bin einige Jahre jünger, so um die 40 herum.

2.       Was ist für Sie schlimmer: Der Misserfolg oder es nie versucht zu haben?

Die Frage steht für mich nicht als alternative Frage. Misserfolg kann für mich sehr schlimm sein. Aber etwa im Nachhinein zu bemerken, etwas unterlassen zu haben, was an sich gut, wichtig und vor allem machbar gewesen wäre, das ist nicht weniger schmerzlich für mich. Wann was von beidem wie schlimm ist, hängt davon ab, um was es jeweils konkret ging.

3.       Warum tun wir so viele Dinge, die wir nicht mögen und mögen so viele Dinge, die wir nicht tun? Welche sind es?

Weil es keine universelle, allumfassende, generelle Freiheit gibt, und auch nicht geben kann. Als Menschen sind wir nur als biosoziale Lebewesen lebens- und vor allem überlebensfähig. Das schließt mehr oder weniger große Kompromisse mit Blick auf universelle, vor allem universelle individuelle, Freiheit notwendig ein.

Diese Kompromisse sind allerdings häufig nicht im Sinne wirklicher Kompromisse ausgelotet. Dem stehen vor allem das Streben nach Macht und Geld (was letztlich sehr oft dasselbe ist) und ein Egoismus, der den Schaden bzw. die nicht gleichberechtigte Teilhabe andere Menschen  mehr oder weniger bewusst "einkalkuliert", entgegen.

4.       Wenn alles gesagt und getan ist: Hast Du dann mehr gesagt als getan?

Auch das ist von Fall zu Fall, von Situation zu Situation, unterschiedlich. Ich bemühe mich, zu handeln, wäge aber sicher mitunter zuvor zu sehr meine Fähigkeiten ab, schätze diese dabei nicht immer richtig ein, zweifle etwas zu sehr an ihnen, an mir selbst. Allerdings glaube ich auch zu wissen, wie fatal vor allem Selbstüberschätzung sein kann.

 Im Übrigen sind Reden und Handeln gar nicht so selten keine Gegensätze. Jemand, der mit Klugheit, Phantasie und Strukturiertheit, etwa zu einem komplexeren Problem zunächst eine Lösungsmöglichkeit entwirft, diese verbreitet, diskutiert, ggf. korrigiert und sich dann für deren Umsetzung engagiert einsetzt, der ist sehr wohl jemand, der nicht nur redet, sondern aktiv handelt. -  Nicht jeder kann alles leisten, der eine hat diese Stärken, der andere jene.

5.       Wenn Glück die gültige Währung wäre, welche Art der Arbeit würde Dich reich machen?

Eine Arbeit, die mich ICH sein und bleiben lässt, die ausdrücklich ein lebensWÜRDIGES Leben für möglichst viele Menschen im Blick bzw. zum Gegenstand hat, die auf gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen orientiert ist, die anderen Menschen in diesem Sinne hilft. Eine Arbeit aber auch, die mich nicht erdrückt, die mir Freiräume lässt und Zeit und Gelegenheit fortwährend genügend Kraft und Motivation zu schöpfen und zu behalten.

6.         Tust Du das woran Du glaubst oder arrangierst Du Dich mit dem was Du tust?

Ich tue viel von dem, an das ich glaube, worauf ich vertraue und hoffe. Ich versuche, es zu leben. Manchmal wahrscheinlich zu sehr. Ich empfinde, dass die Realität bisweilen sehr weit weg ist von diesen Dingen. Arrangieren kann ich mich nur insoweit mit dem was ich tue, wie mein Gewissen es zulässt. Und mein Gewissen ist streng.

7.       Zu welchem Grad hast Du Dein Leben / Deinen Lebensweg bis heute selbst bestimmt, selbst gestaltet?

Das ist eine besonders schwierige Frage für mich. Wohl auch, weil ich zu mittlerweile, die jeweilige Zeitdauer betreffend, immer gleicher werdenden Teilen unter den Bedingungen zweier sehr unterschiedlicher Gesellschaftssysteme gelebt habe. Je älter ich geworden bin, desto mehr sind meine Handlungs- und Gestaltungsmotivationen durch die eigene empirische Erfahrung geprägt und bestimmt worden. Aber ich war auch früher nicht bloß "fremdbestimmt". Und heute ist andererseits die Selbstbestimmtheit, die Entscheidungsfreiheit, wie jede Freiheit, schließlich auch immer nur eine relative. -

Am schwierigsten war und ist für mich die Zeit des Systemwechsels (die so genannte "Wende"). Ein Systemwechsel war fällig, aber so und in die Richtung in die er dann geschah, wollte ich ihn nicht. Und im Grunde kann ich mich bis heute auch nicht damit "arrangieren".

8.       Bist Du mehr bestrebt die Dinge richtig zu tun oder die richtigen Dinge zu tun?

Beides, ich glaube, zu ziemlich gleichen Teilen. Die richtigen Dinge, richtig tun (ohne freilich immer zu wissen, was "richtig" - auch so ein Begriff der nie als absolut gesetzt werden kann und darf - ist).

9.       Wenn Du einem Neugeborenen einen einzigen Rat geben könntest, der aus Ihrer Lebenserfahrung resultiert, welcher wäre das?

Informiere Dich stets so umfassend als nur möglich, aus unterschiedlichsten Quellen, auch solchen, die nicht "offiziell" sind, besprich es mit Menschen, denen Du wirklich vertraust, die Du Deine wirklichen Freunde nennst, und höre dann auf das, was Dein Herz Dir sagt!

10.   Was machst Du anders als die meisten anderen Menschen?

Ich glaube, ich denke anders und daraus folgend lebe ich auch anders.

Ich bin sehr kritisch und selbstkritisch aber auch sehr unflexibel und zweifelnd. Ich bin sehr analytisch und emotional zugleich, aber wenig mutig und risikofreudig. Ich bin gutmütig und offen aber doch sehr unsicher in dem, was Vertrauen betrifft.

Meine Werte sind teilweise andere als jene anderer Menschen und ich lebe sie offenkundig anders. Ich bemühe mich, sie auf meine Art sehr konsequent zu leben (was mir zweifellos nicht immer gelingt) und zu vertreten. Wie ich das tue, ist offenbar anders als bei vielen anderen Menschen,  jedenfalls habe ich das Gefühl, selten wirklich in aller notwendigen Tiefe verstanden zu werden und wenn, dass man mir dann doch (lieber) nicht nacheifern möchte. Mindestens nicht in allem bzw. nicht konsequent. - Allerdings geht es mir in Bezug auf viele andere Menschen nicht anders.

11.   Woran liegt es, dass Dinge, die Dich glücklich machen nicht auch alle anderen glücklich machen?

Wenn die Frage anders lauten würde, nämlich so:

"Woran liegt es, dass Dinge, die alle anderen glücklich machen, nicht auch Dich glücklich machen?", könnte ich sie besser, könnte ich sie überhaupt beantworten. Meine Antwort lautete dann:
  
Das liegt wohl an meinem Verständnis von Glück. Eine Blogfreundin schrieb mir dazu einmal, mein Verständnis von Glück sei "unglaublich sozial und gesellschaftsorientiert". Und viele Menschen haben mir mittlerweile bedeutet, dass diese Ausprägung meines Glücksverständnisses, eine (viel) zu starke, zu einseitige, mich selbst, mein persönliches Glück, zu wenig im Fokus habende, sei.

Mein persönliches Glücksempfinden  ist allerdings kein losgelöstes, kein eigenständiges - ich KANN es nur im Kontext jener sozialen und gesellschaftsorientierten Ausprägung empfinden und genießen oder eben auch nicht.

Zu ergänzen hätte ich noch, dass persönliches Glücksempfinden natürlich auch sehr stark von den eigenen Neigungen und Interessen "unterhalb" der großen Werte abhängig ist. Die derartigen Neigungen und Interessen sind ganz naturgegeben aber bei jedem Menschen anders  und unterschiedlich stark ausgeprägt.

Ich mag halt besonders, die stillen, die ruhigen, die geistigen, die musischen, die sanften Dinge (einschließlich Menschen!), Emotionen in ihrer Tiefe ... - sie machen mein persönliches Glück aus.

Mittwoch, 29. Juli 2015

Gedanken zu Aphorismen -18-

"Eine Ansichtskarte ist ein Einsamkeitssymptom" - Graham Greene in: "Unser Mann in Havanna"

Wer schreibt heute noch Ansichtskarten?

Meine letzte habe ich im vorigen Sommer verschickt. Und bekommen habe ich zuletzt eine vor wenigen Wochen. Es ist selten, dass ich welche erhalte oder versende.  Wenn also an dem Satz von Graham Greene etwas Wahres ist, dann bin ich nicht sehr einsam, und Menschen, die mir nahe sind offensichtlich auch nicht.

Nun wurde allerdings der Roman aus dem jener Satz stammt im Jahr 1959 erstmals veröffentlicht, mutmaßlich ist er von seinem Autor wahrscheinlich ein Jahr zuvor fertiggestellt worden.

Ende der 1950er Jahre tauschte man sich im Unterschied zu heute schriftlich allerdings für gewöhnlich über hand- oder Maschine geschriebene Briefe oder eben Post- und Ansichtskarten aus.

Heutzutage gibt es da ganz andere Möglichkeiten. Mails, Facebook, WhatsApp, Twitter, Instagram und die unterschiedlichsten Blogportale, um nur einiges zu nennen. Und dort wird geschrieben und gepostet, was das Zeug hält. In bisweilen atemberaubender Frequenz und Geschwindigkeit. Ansichtskarten, die man durchaus auch noch verschicken könnte, dauern und brauchen viel zu lange, gewöhnliche Briefe sowieso.

Ob die Menschen, wenn es 1959 all diese Möglichkeiten schon gegeben hätte, auch so eifrig gemailt, getwittert und gebloggt hätten? Wenn Greene zum Ende der 1950er Jahre eine Ansichtskarte für ein Einsamkeitssymptom gehalten hat, wofür würde er die heutigen, angewandten Kommunikationsmöglichkeiten halten?

Sind die Menschen heute einsamer als in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, oder nutzen sie die Vielfalt der Kommunikationsmöglichkeiten nicht vordergründig, weil sie sich allein fühlen oder sind?

Nach meiner Wahrnehmung stimmt beides. Die Motivationen sind unterschiedlich. Manchmal offenbaren sie sich in der Art und Weise wie geschrieben wird, auch im Inhalt des Geschriebenen derjenigen, die posten, mailen bloggen.

Die Welt, die Beziehungen der Menschen untereinander, innerhalb einer Gesellschaft und im globalen Rahmen sind vielfältiger, differenzierter und komplexer geworden. Und angesichts dessen braucht es mehr und schnellere Kommunikationsmittel als in der Vergangenheit. Und scheinbar braucht es auch immer mehr Geschwindigkeit. Wir waren noch nie so schnell wie heute.

Und da offenbaren sich die Gefahren: Wenn ein Zug mit 300 Kilometern pro Stunde durch die Lande rast, sieht man beim Blick aus dem Fenster vieles nur noch verschwommen. Und, wenn da wo früher eine ländliche Gegend mit nur ein paar Häusern gewesen ist, nunmehr eine große Stadt steht, dann wird es einem kaum noch gelingen, Einzelnes wahrzunehmen.

Längst ist aus dieser Gefahr Realität geworden, eine sich beängstigender weise immer noch mehr, immer noch schneller beschleunigte Realität.

Dort aber, wo Einzelnes immer weniger oder schließlich gar nicht mehr wahrgenommen wird, wo der Blick für Besonderes, für anders Seiendes, für Einzigartiges, verloren geht, dort entsteht der Boden für Einsamkeit. Dort gibt es Menschen, womöglich immer mehr werdende Menschen, die sich inmitten vieler anderer Menschen, in mitten der vielen differenzierten und gleichzeitig komplexen Strukturen und Beziehungen, dem Kommunikationsgewimmel, die sich einsam fühlen.

Und die dem entfliehen wollen und die deshalb schreiben wollen, schreiben müssen, im Zweifel auf Teufel komm raus, schneller, kürzer, sei es auch nichtssagender, um "dabei" zu sein, um nicht abgehängt zu werden, nicht bzw. nicht mehr einsam zu sein.

Diese Menschen sind wahrscheinlich die einsamsten.

Die, die entschleunigter schreiben, vorrangig aus der Motivation der Selbstverständigung heraus, sind oft auch einsam. Wer intensiv, sich bewusst Zeit nehmend, mit einer gewissen Tiefe schreiben möchte, muss ein bisschen einsam sein.

Aber diese Einsamkeit ist eine andere als die Einsamkeit, die ein Einzelner unter vielen Menschen zu spüren bekommt, bisweilen erleidet. Es ist die "neue" Einsamkeit, eine besonders schlimme Einsamkeit.

Wenn heutzutage das Schreiben von Ansichtskarten oder handgeschriebenen Briefen ein Einsamkeitssymptom ist, dann ist es ein Symptom für die andere, die "alte" Einsamkeit, jene, bei der es (noch) nicht um das "dabei sein", das "mithalten müssen" ging, sondern jene, aus der heraus ein Schreiber etwas wirklich mitteilen wollte. Sich tatsächlich austauschen, einander zuhörend, ausreden lassend, seinem Ich und dem ICH anderer Menschen. Ja, mitunter war und ist solches Schreiben auch von dem Wunsch, der Sehnsucht getragen, ähnlich gesinnten Menschen zu begegnen, vielleicht einen guten Freund oder eine gute Freundin zu finden und sich bewahren zu können.

Eine Ansichtskarte, einen handgeschriebenen Brief zu verfassen, ist heutzutage die bewusste Entscheidung für Entschleunigung, für nicht nur oberflächliches Fühlen, für Empfinden von Leben, Leben im ursprünglichen Sinne.

Eine Ansichtskarte, wie ein handgeschriebener Brief sind Symptome für LEBEN! Ein Leben indem sich Menschen Zeit füreinander nehmen, Zeit für das  Besondere, das anders Seiende, das Einzigartige, sie Charakterisierende. Ein anderes Leben als jenes, das in heutiger Zeit generell gelebt wird.

Ich mag, ich schätze dieses andere Leben. Ein anderes will ich nicht.

Dienstag, 28. Juli 2015

Tagebuchseite -501-

Empfindungscocktail

Es fühlt sich gut an und doch fremd. Es lässt mich Freude, ein wenig Stolz sogar empfinden und scheint mir doch unwirklich. Mein Herz wandelt auf anderen Pfaden der Anspannung und Traurigkeit als ich sie sonst "gewohnt" bin. Merkwürdig schönen Pfaden. Ich bin es nicht gewohnt, Anspannung und Traurigkeit als schön zu empfinden.  Und beide kann ich in Verbindung mit dem Gefühl von Schönheit nicht erklären.

Das Konzept, welches ich in so kurzer Zeit und als Entwurf mit großer Anstrengung und erheblich gemischten Gefühlen erarbeitet habe, da ich doch von dem Fachgebiet, was ich da beschreiben, begründen und im Rahmen eines Projektes für notwendig erklären sollte, noch so gar keine Ahnung habe, hat meinen neuen, meinen künftigen Chef, "sehr beeindruckt".

Das habe ich nicht erwartet, konnte ich nicht erwarten. In meinem Inneren ist stille Freude darüber. Aber eben auch Anspannung, große Anspannung.

Während des Schreibens habe ich erfahren, was da auf mich zukommen wird, wie facettenreich, wie komplex, wie vielfältig, aber auch wie groß, herausfordernd und schwierig meine neue Arbeitsaufgabe werden wird. Ich bin neugierig darauf, habe aber auch Angst davor. Letztere ist nicht kleiner geworden durch das "sehr beeindruckt" meines neuen Chefs. Im Gegenteil, ich vermute, dass ich nun Erwartungen geweckt habe, neue Erwartungen.

Werde ich diesen Erwartungen gerecht werden können? Inwieweit werde ich das vermögen? "Nicht in alte Muster verfallen" höre ich meinen Kliniktherapeuten sagen, und ich beginne zu begreifen, dass er damit nicht nur eine Rückkehr in meinen alten Arbeitsbereich, den, an dem ich meine Kraft, meine Gesundheit verloren habe, gemeint hat. Und ich weiß, dass ich immer noch nicht wieder gesund bin, es vielleicht und wahrscheinlich nie mehr ganz werde.

Einen Weg zu finden, sich von diesem Wissen nicht einschüchtern zu lassen und dennoch sich "in neuen Mustern" auch nicht zu überfordern, ist nicht leicht. Bislang habe ich es nicht verstanden, einen solchen Weg zu finden. Ich muss es lernen., ich weiß. Auch, damit ich, obwohl ich Freude empfinde, nicht gleichzeitig traurig bin oder werde. Damit mein Leben ein anderes Leben wird, eins in dem ich ICH bleiben kann und darf, das aber lebenswerter ist für mich als mein bisheriges. - Ich glaube inzwischen daran, dass das möglich ist, ohne, dass ich etwas zum Nachteil anderer Menschen tue. Das habe ich bislang so nicht wahrhaben können und wollen.

Auch mit meiner neuen Arbeit werde ich anderen Menschen helfen. Anderen Menschen, auf andere Weise, auf anderen, neuen Feldern als bislang.

Ich überlege gerade besonders viel, was ich noch, ICH selbst noch mehr, noch anderes, tun könnte, ohne "in die alten Muster" zu verfallen. In meinem "früheren" leben habe ich viel getan, vor allem inspiriert durch und abgeleitet von meiner damaligen Arbeit.

Eine Blogfreundin schrieb zuletzt, dass sie sich als Stammzellenspenderin registrieren lassen wird. Eine andere, hat schon längere Zeit einen Organspendeausweis. Ich überlege, ob ich das eine meiner Ehrenämter aus meinem "früheren" Leben, das in der Härtefallkommission, fortführen werde, NUR dieses eine. Und ich denke darüber nach, ob ich künftig amnesty international bei Briefaktionen unterstütze, gegen das "verschwinden lassen" von Menschen, etwa in diktatorischen Staaten. Auch der schon länger in mir arbeitende Gedanke, einem Kind aus einem armen Land durch eine Patenschaft unmittelbar zu helfen, ist nicht vom Tisch.

Ich möchte tun, was ich tun KANN. Besser auf mich aufpassend, ja. Aber etwas tun. Für andere, dafür das ALLE besser leben können, dass mehr Gerechtigkeit, mehr Rücksicht ist auf der Welt.

*

Mein Vater. Mein Vater! -

Den Sonnabend hatte ich mich ja komplett vom Familienleben zurückgezogen wegen der Arbeit an dem Konzeptentwurf. Aber den Sonntagnachmittag, habe ich nicht hergeben wollen. Und so sind wir, wie ursprünglich geplant, zu meinem Vater gefahren, und zu seiner Freundin. Erstmalig haben sie uns gemeinsam erwartet.

Was war das für ein toller Nachmittag! Was haben sich da für zwei Menschen gefunden! In einem so hohem Alter (86 und 82 Jahre), das man beiden übrigens überhaupt nicht ansieht. Sie wirken beide, WIRKLICH, jeweils mindestens 10 Jahre jünger.

Sind geistig sehr rege, haben viele gemeinsame bzw. sich ergänzende Interessen, machen zusammen kleine Ausflüge, planen und realisieren Unternehmungen und treten sogar beide immer wieder öffentlich auf. Ja! C. (so heißt die Freundin) mitunter mit einer kleinen Tanzgruppe, die sie noch leitet, und für die sie Kostüme näht (aus selbst beschafften Materialien) aber auch als allein Vortragende, Rezitierende, und mein Vater als Vorleser und Rezitator vor allem plattdeutscher Geschichten, Anekdoten und Verse. Dabei haben beide, natürlich, auch so ihre Wehwehchen.

Als wir am gedeckten Kaffetisch saßen, sah ich zum Bild meiner Mutter an der Wand. Sie schaute von dort aus genau auf die Tafel. Das war ein schwerer Moment für mich. Aber ich glaube, Mutter hat sich gefreut, wie wir da so beieinander waren.

Gefehlt hat sie mir dennoch. Besonders in diesem Augenblick. - Sie fehlt mir sehr oft ...

Vater hat nicht ganz Wort gehalten. Die Schreibereien, die ich ihm zum Lesen überlassen hatte, hat er nun doch nicht ganz für sich behalten. C. hat er davon vorgelesen und eine Cousine von mir hineinschauen lassen (Über Letzteres bin ich wirklich nicht sehr erbaut.) - C. ist nun ganz begeistert, und Vater sowieso - das hatte er mir schon vor drei oder vier Wochen am Telefon gesagt.

Und in mir ist nun auch darauf bezogen wieder dieses Gemisch aus stiller Freude, Anspannung und "schöner" Traurigkeit. Und ich höre Vaters: "Mach da mal was draus, Junge!" -

Ich habe ja selbst schon ein bisschen daran gedacht, und eine sehr liebe Freundin denkt ähnlich, und wir wollen  gemeinsam mal sehr intensiv schauen, auswählen, zusammenstellen, aus meinen Texten und aus ihren. Und sie wird vielleicht ein bisschen illustrieren dazu. Sie malt und zeichnet so wunderschön.

Aber ich möchte nicht, dass irgendwer eine Erwartung damit verbindet. Ich selbst tue das auch nicht.
Ich habe nie für die Erfüllung einer Erwartung geschrieben, auch keiner eigenen. Ich könnte das auch nicht. Dann könnte ich überhaupt nicht (mehr) schreiben.

In mir ist also so ein Gefühlsgemisch, ein Cocktail, aus Freude, Neugier, ein bisschen Schwermut, Unsicherheit und, doch immer wieder auch Angst, ein Cocktail, "vertraut" aber auch irgendwie neu.

Ich höre ein Lied, dieses hier, es gefällt mir sehr. Und irgendwie tröstet es mich gerade, obwohl ich gar nicht weiß, ob es Trost ist, nachdem ich mich gerade sehne. Es ist von "Rosenstolz" und heißt "Ich hab' genauso Angst wie Du":


(Bitte anklicken!)   

Samstag, 25. Juli 2015

Zwischenstopp -39-

Ich habe heute so viel und so ausdauernd an dem Konzeptentwurf für das Projekt in dem ich künftig arbeiten soll, geschrieben, dass ich ziemlich geschafft bin. Immerhin bin ich ein sehr gutes Stück vorangekommen. Aber nun brauche ich einen Zwischenstopp, wenigstens bis morgen früh.

Ich werde ihn mit mancherlei ausfüllen.

Begonnen habe ich damit, mal in ein paar Weisheiten, Redewendungen und Sprichwörtern zu kramen, die aus anderen Ländern stammen bzw. dort gebräuchlich sind. Es ist Nachdenkliches, Lustiges und mehr oder weniger Wahres dabei ... :

Wenn Schnaps, Teer und Sauna nicht helfen, dann ist die Krankheit tödlich. (finnisch)

Der Geiz des Vaters macht die Mutter verschwenderisch. (afghanisch)

Was du heute nicht besorgen musst, das verschiebe auf morgen, so gewinnst du einen freien Tag. (tschechisch)

Drei Arten von Männern versagen im Verstehen der Frauen: junge Männer, Männer mittleren Alters und alte Männer. (irisch)

Das Leben ist kurz, aber ein Lächeln ist nur die Mühe einer Sekunde. (kubanisch)

Vergiss nicht: Auch der Fisch stirbt an seinem eigenen Maul. Hätte er es nicht aufgemacht, hätte er den Haken nicht geschluckt (mexikanisch - Spruch der Azteken)

Niemand ist so beschäftigt wie der Faule, wenn es an die Arbeit geht. (belgisch/wallonisch)

Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten. (japanisch)

Fremde Fehler beurteilen wir als Staatsanwälte, die eigenen als Verteidiger. (brasilianisch)

Heirate nie um des Geldes willen! Du leihst es billiger. (schottisch)
  

Donnerstag, 23. Juli 2015

Tagebuchseite -500-

Zwischenzeilentlich (*)

Da steht nun also tatsächlich die Zahl "500" über dieser Tagebuchseite. - Das hätte ich mir nie träumen lassen  vor nunmehr knapp vier Jahren, als ich mit den bloggen begann, dass es mal so viele werden würden.

Und genau genommen sind es ja weit mehr Seiten, denn meine Blogtagebuchseiten waren und sind zumeist viel umfangreicher als eine Papierseite im Format A4. Und dann sind ja noch die auch zahlreichen Seiten, die sozusagen mein Blogtagebuch im weiteren Sinne ausmachen, die mit den Sentenzen, den Versen, den Sammelsurien, den Gedanken über Aphorismen und den Zwischenstopps.

Vormals habe ich nie Tagebuch geschrieben, mal von ein paar wenigen ganz und gar halbherzigen Versuchen während der Jahre meiner Jugend abgesehen. Und nun schreibe ich mit in der Regel allerhöchsten recht kleinen Unterbrechungen immer weiter. Keine Ahnung, wie lange das noch weitergehen wird und mit welcher Intensität. Aber Freude am Schreiben hatte ich schon immer, und durch mein Blogtagebuch ist sie mir quasi immanent geworden.

Wenn ich so vor diesen Seiten sitze während ich manches Mal darin herum krame, staune ich nicht nur über die Menge, die ich da inzwischen an Texten, Gedichten usw. aufgeschrieben habe. Ich staune darüber, dass mir nie der Stoff, nie die Ideen ausgegangen sind, und ich sehe auch nicht, dass das in absehbarer Zeit passieren könnte.  Ja, ich habe schon bemerkt, dass sich manche Themen in gewisser Weise auch wiederholen, dass ich sie wieder und wieder aufgriffen habe, mal mit dem Vermögen, sie weiter zu denken, weiter zu entwickeln, manches Mal aber wohl auch, um mich nur noch tiefer in ihnen zu verrennen als bis dato.

Ich spüre, dass die Seiten in Gesamtheit womöglich ein ziemlich charakterisierendes Abbild meiner selbst sind. In vielen finde ich mich auch mit großem zeitlichen Abstand wieder, stelle überrascht fest, wie wahr sie immer noch sind, dass ich zu sehr vielen meiner Gedanken unverändert stehe, auch wenn ich mit einigen davon heute doch in jeweils unterschiedlicher Weise schon ein Stück weiter bin.

In den vielen Seiten zu stöbern, ist sich wiederholend mit Selbstbefragung verbunden, dem Vergleich der Ergebnisse heutiger Selbstreflexionen mit jenen, die schon längere Zeit zurück liegen. Grundsätzlich weiß ich zwar um meinen Platz in dieser Welt, aber diese Selbstbefragungen sind stets wie eine Vergewisserung, die das bereit Sein, sich entsprechend des eigenen Gewissens immer wieder zu justieren, einschließt.

Das ist für mich wichtig. Ich vermag es nicht, einfach so vor mich hin zu leben. Unter anderem deshalb hat und ist Schreiben für mich Lebenssinn.

Was mir nicht gelingt, und was, wie ich vermute, wenn man eigene Texte liest, nicht gelingen kann, ist das, was zwischen den Zeilen steht, erfassen zu können. - Aber es STEHT IMMER etwas zwischen den Zeilen, was in ihnen selbst, so offen und aufrichtig ein Schreiber auch als Person bzw. als solche  zu schreiben bemüht ist, unsichtbar bleibt.

Wenn ich zwischen Zeilen, die andere Menschen geschrieben haben, umher wandere, dann entstehen Bilder, dann empfinde ich stärker, dann wird, was ich lese, zu einer eigenen kleinen Welt, einer Welt, die in meiner Phantasie wie Leben ist, die lebt! Je weniger ich die betreffenden Menschen tatsächlich kenne, desto realitätsferner können und werden die Bilder, die Empfindungen, die in mir entstehen, sein.
Ganz werden die Bilder und Empfindungen, die unterschiedliche Menschen beim Spaziergang zwischen den Zeilen, die ein anderer Mensch geschrieben hat, erkennen und wahrnehmen, nie übereinstimmen. Sie können sich allenfalls gleichen.

Zwischenzeilentliches bleibt also stets ein wenig unwägbar, geheimnisvoll. Auch dann, wenn die Bilder, die auf der Reise zwischen den Buchstaben, den Satzzeichen, den Zeilen entstehen, schöne Bilder sind. Und jede neue derartige Reise, auch, wenn sie in und zwischen die Zeilen desselben oder gar eines schon bekannten Menschen führt, wird wieder eine Reise voller Geheimnisse und Überraschungen sein. Es sind immer und alles auch Reisen ins Unausgesprochene, in das Reich der Phantasien, in eine Welt, die nie ganz, die nie zu Ende erforscht sein wird.

Eine schöne Erkenntnis, finde ich, eine ebenso tröstliche wie herausfordernde, vor allem für Menschen, die das Lesen und Schreiben lieben. Menschen, die die Sensibilität besitzen, so zu erkennen, sind die reichsten Menschen überhaupt.

Dass nicht alle Texte aller Menschen diese Erkennen und damit verbundenes Empfinden zu befördern vermögen, liegt in der Natur der Sache. Ein Fachtext etwa enthält grundsätzlich weniger Zwischenzeilentliches im beschriebenen Sinne.

Ein bisschen bedauere ich es, dass ich das Zwischenzeilentliche in meinen eigenen Texte nicht zu erkennen vermag, aber an sich ist es ja auch müßig. Denn letztlich würde ich, wie jeder derjenigen Menschen, der es zu erkennen vermag, nur meine Version davon sehen. Abgesehen davon, dass sie auch nur eine von vielen wäre, wäre an ihr nichts geheimnisvoll, nichts Phantastisches und nichts, was ich als unausgesprochen empfinden würde.

Aber ich wünsche mir inzwischen, und das habe ich mir fünfhundert Tagebuchseiten früher ganz und gar nicht gewünscht, dass meine Texte, Gedanken und Verse für andere Menschen, die sie zufällig oder bewusst lesen, wenigstens ein bisschen auch "zwischenzeilentlich" sind, jeweils eine kleine Einladung zu einer geheimnisvollen Reise hin zu eigenen Bildern, eigenen Empfindungen, zu einer Reise, die ihrerseits zu bereicherndem Nachdenken einlädt.

(*Das Wörtchen "zwischentzeilentlich" steht nicht im Duden. Es ist von einer jungen Frau, mit der ich eine Zeitlang ein wenig von meinem Bloggerleben teilte, "erschaffen" worden. Sie wollte damit, wenn ich mich recht erinnere, etwas nicht sogleich Sichtbares, etwas noch Verborgenes, umschreiben. Mir gefiel das Wort, so sehr ich so oft "Neuwortschöpfungen" doch eher skeptisch gesonnen bin, gleich bei meiner ersten Begegnung mit ihm ...)

*

Ich höre sie immer noch und immer wieder gern, die Soderberg-Schwestern aus Schweden - und so habe ich hier, ein wie ich finde, besonders schönes Lied "I found a Way" von "First Aid Kit":


Mittwoch, 22. Juli 2015

Tagebuchseite -499-

Entscheidung, Bewährung, Anspannung und Balance

Nun habe ich eine Entscheidung getroffen.

So das Projekt bewilligt wird, werde ich ab dem 1. Oktober, langsam über das "Hamburger Modell" einsteigend, Angehörige von Menschen mit Behinderung(en) beraten. Es geht dabei um Einstiegsberatung, bei der die Angehörigen über die in der Region vorhandenen Angebote zur Betreuung, Begleitung, Förderung, beruflichen Integration, Vermögensverwaltung und andere Dienste mehr für behinderte Menschen informiert und dorthin vermittelt werden sollen. Ich werde also eine Art Schaltstellenfunktion wahrnehmen.

Entsprechend wird es auch zu meinen Aufgaben gehören, Kontakte zu diesen Angeboten und Diensten vorzubereiten, selbst Kooperationen mit diesen aufzubauen und zu pflegen,  Hilfestellung bei erforderlichen Beantragungen zu leisten, Netzwerk- und Kooperationsarbeit zu initiieren  und fortzuführen, später auch Weiterbildungen zu organisieren bzw. vorzuhalten.

Das Ganze erfordert fundierte rechtliche und strukturelle Kenntnisse in einem für mich bislang nahezu gänzlich unbekannten Bereich. Mein Wiedereinstieg ins Berufsleben wird also ein Neubeginn sein, einer der sehr herausfordernd sein wird. Ich werde zunächst viel lesen, recherchieren, mich bilden (lassen) und Besuche bei potenziellen und notwendigen Partnern machen müssen.

Und: Ich, der ich doch gar keine Vorkenntnisse für den neuen Bereich habe, soll nun in 1 1/2 Wochen das inhaltliche Konzept für das Projekt erarbeiten. Hier von zu Hause aus. - Damit, sofern das Projekt, das allerdings langfristig angelegt werden soll, die eigentliche Arbeit nach dreimonatigem Vorlauf ab dem 1. Januar 2016 schrittweise anlaufen kann.

Im Rahmen von "Freiräumen" soll und kann ich, über meinen neuen Hauptaufgabenbereich hinaus gehend,  neu eingestiegenen Migrationsberatern innerhalb meiner "Firma" und im Kontext des Verbandes inhaltliche Hilfestellungen geben, durch Seminare und "Beratungen für Berater" in unterschiedlichen Kontexten, auch zu besonders verzwickten "Fällen".

Soweit und solange das realisierbar ist, soll und darf ich also mein bisheriges Fachwissen, ohne selbst unmittelbar Klientenberatung zu machen, noch "pflegen" und weitergeben. Die Erfahrungen und Investitionen, die ich in über 23 Jahren erworben und getätigt habe, sind damit nicht von heute auf morgen nutzlos. - Auch ein Ehrenamt in diesem Bereich werde ich, solange ich mir das zutraue, weiter bekleiden.

Soweit die Planungen, soweit auch die Absprache gestern mit dem neuen Geschäftsführer meines Arbeitgebers.

Ich warte nun auf die Mail mit dem vorgegebenen "Konzeptgerüst", und dann muss, soll, darf ich loslegen.

In meinem Inneren herrscht bei aller Vorfreude, bei aller Dankbarkeit dafür, dass ich meinen alten Arbeitsbereich ganz weitgehend verlassen kann, nun eine große, beständige Anspannung, ein immenser Druck. Wegen dem Konzept, für das ich so wenig Zeit habe und letztlich keinerlei Vorkenntnisse. Es ist, es wird meine erste große Bewährungsprobe, das spüre ich, eine Bewährungsprobe für meine ganze Person ...

*

Der Tag vorgestern in der Landeshauptstadt mit dem Treffen mit meinen beiden bisherigen Kolleginnen dort und das anschließende "Klinikrevival" waren schön und wichtig. Aber hinterher war ich auch sehr erschöpft.

Ich glaube Inge ging es ebenso. Ich kann sie ein bisschen LESEN inzwischen. Sie kämpft so sehr, aber gesund wird sie nie mehr werden. Das hat man ihr schon in der Klinik gesagt. Ihr Krankheits- und Beschwerdebild ist sehr komplex und verfestigt, und an Beschwerden sind allein in den knapp vier Monaten seit ihrer Entlassung schon wieder zwei neue, von denen eine wiederum kaum reparabel sein dürfte, hinzugekommen. - Sie ist so ein wundervoller Mensch, warum und von wem wird sie bloß immer noch mehr und immer noch schwerer beladen?

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Am Wochenende werden wir einen Tag in Rostock sein. Wir werden uns, wenn das Wetter mitspielt im dortigen Zoo mit einer Freundin und deren Pflegetochter treffen. Die Kleine ist ein Wirbelwind mit 50.000 Volt. Am nächsten Tag soll es dann letztmals vor unserem Urlaub zu meinem Vater gehen - zum ersten Mal wird jene Frau dabei sein, mit der er nun schon seit langem wirklich befreundet ist. Beide unternehmen sehr viel miteinander, verbringen viel Zeit zusammen, stützen und unterstützen sich gegenseitig.

Ich freue mich auf die Begegnung mit ihr, bin aber auch ziemlich gespannt. Ich freue mich unsagbar für meinen Vater, dass er nach dem Tod von Mutter noch einmal einen so guten, ihn sichtlich belebenden "Anschluss" gefunden hat. Aber ich sehe halt auch immer noch unsere Mutter an seiner Seite.

Beide Besuche werden also in gewisser Weise auch Herausforderungen sein. Ich empfinde sie auch insoweit so, dass in meinem Hinterkopf jetzt schon eine Uhr tickt. Die des Termins für das Projektkonzept ...

Selbst mit Blick auf einen Besuch, den ich, den wir hoffentlich (noch steht es nicht fest) bekommen werden, dann, etwa in der letzten Woche vor unserem Urlaub. Auf den freue ich mich ganz, ganz doll. Da würde ein Mensch kommen, den ich wirklich ins Herz geschlossen habe, mit dem ich mir schon so lange wieder einmal von Angesicht zu Angesicht zu reden wünsche und gemeinsam etwas zu unternehmen.

*

Es steht also allerhand an in den nächsten 2 1/2 Wochen was Pflichtiges, unbedingt zu Erledigendes und Nichtpflichtiges, darunter vieles, was eigentlich Ausgleich, Freude, Entspannung verheißt, betrifft. So viel, wie es in einer so kurzen Zeit schon sehr, sehr lange nicht mehr für mich gegeben hat.

Da heißt es Balance zu finden und zu halten. Die Balance, die wohl das Leben ausmacht. Ich muss erst wieder lernen zu balancieren ...

Sonntag, 19. Juli 2015

Tagebuchseite -498-

Zwischen Streicheleinheit , Hexenjagden sowie größeren und kleineren Entscheidungen

In den letzten Tagen geschieht ziemlich viel in meinem Leben und drum herum. Es fällt mir schwer, das alles zu ordnen, mich darin und dazwischen zurecht zu finden.

Der Blogumzug war und ist da nur der hüpfende Punkt auf dem schwankenden "i". Vorerst bin ich hier ja erst einmal halbwegs zufrieden, zumal viele liebgewordene Freunde aus meinem Blog auf der blog.de-Plattform nicht verloren zu gehen scheinen. Ihre Tagebücher liegen nun zwar nur noch in wenigen Fällen hier auf "meinem" Portal aus, aber es finden sich Mittel und Wege, sich nicht zu verlieren.

Schade ist, dass ich meine bisherigen Einträge wohl tatsächlich nicht hierher transferieren kann, und ein paar andere Holperstellen gibt es auch noch. Zum Beispiel weiß und verstehe ich nicht, warum die Anzahl der Kommentare, die ich zu einem Eintrag bekomme, in meinem Blog nicht angezeigt wird, in anderen hier auf der Plattform dagegen schon. - Und weshalb ich beim Anklicken des Einstellungssymbols für meine Lesezeichen jedes Mal eine Fehlermeldung bekomme und also gar nichts ändern kann.

Nicht schön, aber alles Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was sonst so ansteht.

Je mehr ich lese und mich informiere, desto mehr schwanke ich, mich für eine der beiden vom neuen Geschäftsführer meines Arbeitgebers unterbreiteten Offerten zu entscheiden. Die Gespräche, die ich dazu bislang geführt habe, ergeben in der Summe ein Ergebnis wie das, welches beim Hornberger Schießen herausgekommen ist. Und je mehr ich mich informiere, desto mehr Fragen tauchen zudem auf.

Morgen habe ich wieder ein Gespräch, diesmal bei der Koordinatorin für Migrationsarbeit beim Landesverband des Trägers bei dem ich angestellt bin. Das ist eine langjährige, gute Kollegin ...
Hoffentlich bin ich danach ein bisschen schlauer, denn am Dienstag bin ich dann wieder beim Geschäftsführer meines Arbeitgebers am Ort, und da sollen im Mindesten schon mal Weichen gestellt werden. Oh je, ich bin ziemlich durcheinander, reichlich unsicher ...

Wenigstens gibt es zwischen den beiden Gesprächen morgen und übermorgen am morgigen Nachmittag ein erstes kleines "Anstaltsrevival", heißt: Ich treffe mich mit Inge und mindestens noch einer, vielleicht auch zwei weiteren meiner "Gruppenmitglieder" von meinem Klinikaufenthalt. Bin gespannt, wie es allen geht, und auf Inge freue ich mich richtig.

Aber auch das "große Geschehen" lässt mich nicht los. Das tut es ja nie.

Die ganze Griechenlandproblematik , die Haltung Deutschlands dazu, ärgert mich unablässig. Wie soll Griechenland auf den veranschlagten Wegen wieder auf die Beine kommen? Ich habe erfahren, dass gegenwärtig täglich 60 (!) Firmenpleiten in Hellas zu beklagen sind. Nicht wenige zum Beispiel wegen der nach wie vor und wohl auch künftig bestehen bleibenden, sehr bürokratischen Kapitalverkehrskontrollen.

Und dann dieses Geschwafel vom notwendigen Wachstum. Abgesehen von fehlenden Investitionsprogrammen und -anstrengungen seitens der EU und der in ihr vereinigten Länder und der Tatsache , dass das Anbeten beständigen Wachstums die größte und infamste Täuschung überhaupt ist : Griechenland hat kaum relevante Wirtschaftszweige (vor allem Industrie) die das "notwendige" Wachstum realisieren könnten. Das Land ist wirtschaftlich gesehen vor allem von der Landwirtschaft und dem Tourismus geprägt, dem nun auch noch die Erhöhung der Mehrwertsteuer wie ein Knüppel zwischen die Beine fährt.

Und zu allem Überfluss und die Resultate konservativer Austeritätspolitik in Griechenland und der EU der letzten Jahre und Jahrzehnte einfach ignorierend, wird die Regierung unter Ministerpräsident Tsipras nun auch noch beständig zum Sündenbock deklariert. Und so ist die Sprache ihr gegenüber auch. Eine Sprache gegenüber einem verstockten, uneinsichtigen und unfähigen "Schuldigen"!

Und in Deutschland brennen wieder Asylbewerberheime, und Sozialarbeiter von Wohlfahrtsorganisationen werden bei der Herrichtung von entsprechenden Unterkünften angegriffen. Und die Bundeskanzlerin streichelt ein palästinensisches Mädchen aus dem Libanon, das bei einer Gesprächsrunde mit der deutschen Regierungschefin in Tränen ausbricht, weil es Gedanken und Ängste hinsichtlich einer möglicherweise bald bevorstehenden Abschiebung nicht mehr zu unterdrücken vermag. Und die Kanzelerin, wird in Anspielung auf Helmut Kohl, der zum "Kanzler der Einheit" hochstilisiert wurde, nun hämisch "Kanzlerin der Streicheleinheit" und mit einem so genannten Shitstorm überzogen.

Meine Güte, wo lebe ich eigentlich? Es ist wie im Mittelalter. Tumbe oder (noch schlimmer!) weniger tumbe Massen spielen Lynchjustiz. Hexenjagd 2.0. Gegen Flüchtlinge, gegen Andersdenkende, gegen menschliche Regungen.

Nicht, dass ich missverstanden werde. Ich bin wahrlich kein Fan der Politik von Merkel und Konsorten. Und gerade die Migrations- und Flüchtlingspolitik auch und vor allem ihrer Regierung halte ich für heuchlerisch, feige und den tatsächlichen Erfordernissen immer weiter hinterherhinkend.

Und Frau Merkel hat ihre "Streicheleinheit" ja auch schleunigst wieder eingeordnet, in dem sie auf "deutsche Rechtsstaatlichkeit" verwies, und darauf, dass eben nicht jedem geholfen werden könne. Ich halte das in weiten Teilen für ziemlich zynisch, zumal auch die Regierung Merkel NICHTS wirklich Substanzielles tut, um Fluchtursachen angemessen und überhaupt zu bekämpfen, also das, worum es eigentlich und präventiv gehen müsste, das, was schon seit Jahrzehnten in Sonntagsreden immer wieder daher gebarmt und dann doch wieder ignoriert wird, weil sich damit gar so schwer Geld zu verdienen und "ewiges Wachstum" zu gewährleisten ist.

Aber die Kanzlerin hat eine menschliche Regung gezeigt, eine, die aus der Situation heraus und in dieser selbst authentisch gewesen ist. Und für eine solche Reaktion ist niemand zu verhöhnen oder zu beleidigen.

Dennoch würde ich sie gern mal in einer Beratungsstelle arbeiten lassen, wie ich sie in Persona 23 Jahre lang gewesen bin. Nur mal so für 12 Monate. - Dann würde sie die Kleinheit einer Streicheleinheit vielleicht, hoffentlich, besser erkennen. -

Ich habe so viele Tränen rinnen sehen während all der Jahre, ich habe so viel von menschlichem Elend erfahren, ich habe mich so oft so hilflos und allein gelassen gefühlt, wie jene Menschen, die verzweifelt und in Tränen vor mir saßen. Ich habe dennoch immer versucht, nicht einseitig, nicht "betriebsblind" auf den ganzen Kummer zu schauen, die Unterschiede in den Motivationen und auch im Verhalten, der Menschen, die zu mir kamen, wahrzunehmen und zu begreifen.  Ich habe viel über konkrete Hilfen aber auch generelle Lösungsmöglichkeiten nachgedacht. Erstere habe ich mitunter aufzeigen und  unterstützen, anschieben können, letztere waren für mich allein stets "eine Nummer zu groß".

Das zu erkennen war freilich nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war und ist zu spüren, dass tatsächlich GENERELLE, die grundsätzlichen Fluchtursachen berücksichtigende Lösungsmöglichkeiten kein Thema sind, dort, wo Entscheidungen gefällt werden könnten, und es offenbar auch nicht sein sollen. Bis heute nicht.

Ich hätte gar nicht so viele Frauen und Kinder vor allem, streicheln können, wie vor mir geweint haben. Aber ich kam mir oft so vor, dass auch ich nur streicheln konnte und sollte, wo ganz etwas anderes, wo WIRKLICHE MENSCHLICHKEIT angezeigt gewesen wäre.

An diesem täglich in seiner Arbeit zu erlebenden Widerspruch kann ein Mensch schon mal zerbrechen ...

Donnerstag, 16. Juli 2015

Prolog

Die Fortsetzung eines Blogtagebuchs

Nein, ich bin nicht neu in der Blogwelt. - Aber aus der, in der ich bisher ein Domizil gefunden habe, bin ich vertrieben worden, so wie alle anderen dortigen user auch. 

Im September 2011 habe ich begonnen, ein Blogtagebuch zu schreiben. Ein Tagebuch, das nicht nur "Tagebuchseiten" im engeren Sinne enthielt, sondern auch tiefergehende Gedanken zu speziellen Themen ("Sentenzen"), "Gedanken zu Aphorismen" unterschiedlichster Autoren, eigene "Verse" bzw. Gedichte, "Zwischenstopps", die skurrile, merkwürdige, interessante kleine Auffälligkeiten thematisierten oder ein Musikstück vorstellten, jeweils anregend zum Nachdenken oder Innehalten, und schließlich noch ein "Sammelsurium", in welchem neben eigenen Rezensionen von Büchern und selbst verfassten Aphorismen alles zu finden war, was mir sonst noch des Aufschreibens und Bewahrens wert gewesen ist.

So will ich es auch auf diesem, nun neuen Portal, wieder halten - die fünf genannten Kategorien werden sich hier als die von mir verwandten Labels (Tags) wieder finden.

Einiges hier auf dem neuen Portal ist noch sehr gewöhnungsbedürftig für mich. Ganz so, wie mein früheres Blogtagebuch, das mir selbst sehr sympathisch geworden war, ist es noch nicht - wird es vielleicht auch nicht wieder werden können. Denn bislang ist es mir nicht gelungen, die bisher in meinem Tagebuch verfassten Einträge hierher zu importieren. Ob das noch klappen wird?  

Aber einen gewissen Wiedererkennungseffekt sollte es immerhin hier wohl geben. Und so hoffe ich, dass mir viele meiner bisherigen Blogfreundschaften, von denen mir einige wirklich sehr viel bedeuten, hierher folgen, mich auch hier begleiten werden.